Es war soweit, mein Rad stand nun endlich mit selbst ausgebautem Fahrrad-Anhänger bereit. Die Suche nach Menschlichkeit zwischen Fremden, die ich in den letzten 17 Monaten so sehr vermisste, sind wir doch alle verständlicherweise mehr mit uns und unseren Nächsten beschäftigt, als auch mal bereit zu sein, sich in diejenigen zu versetzen, die diesen familiären Reichtum nicht besitzen, konnte beginnen.
Nun ja, jeder hat die gleichen Möglichkeiten im Leben, nicht wahr?
Ich fuhr also, nachdem ich einen weiteren Bremser (einen Platten am Anhänger), erfahren und erledigen durfte, endlich los. Nach etlichen verregneten Sommertagen, die andernorts zu schrecklichen Katastrophen und steigenden Flusspegeln führte, hielt ich es nicht mehr aus, wollte einfach nur noch raus, mit dem Risiko weitere Unwetter unterwegs zu erleben, doch das war mir dann auch mittlerweile egal.
Alternative Art zu reisen
Wie wir in letzter Zeit mit dem Thema „Klimawandel“ medial konfrontiert werden, als sei uns erst „gestern“ aufgefallen, dass wir unser Wohlstandsdasein mit scheinbar unbegrenztem Konsumverhalten etwas ändern müssen, um besonders unseren Kindern eine lebenswerte Zukunft zu sichern, verstehe ich nicht, dass einige immer noch unbedarft fliegen oder mit Luxus-Schiffen unterwegs sind, weiterhin alleine im eigenen Auto herum fahren, als würde ihre Art nicht dazu beitragen.
Doch jeder, wie er mag, nicht wahr?
Die Strecke
Auf vorrangig aufgeschütteten, oft mit Schlaglöchern versehenen Schotterpisten ging es bei bewölktem Himmel mit sonnigen Abschnitten durch Felder, Wiesen und Uferwegen am Inn entlang.
Ohne Unterstützung des E-Bikes (dank dem glücklichen Zufall dieses zu einem günstigen Kurs bekommen zu haben), wäre es kaum ein Vergnügen gewesen. Um den Akku nur im Notfall zu nutzen (wusste ich doch zu diesem Zeitpunkt noch nicht wo ich überall Auflade-Stationen für Fahrräder finde), hatte er auf asphaltierten Straßen ein wenig Pause, oder in der Zeit, wo ich durch die Aue-Landschaft auf Waldwegen schieben musste.
Es war herrlich, so ein Abenteuer ins unabhängige Leben. Einfach dummdidum fahren – Wie habe ich es vermisst. Im Gesicht schon vor Anstrengung und auch Freude auf das vor mir liegende Ungewisse puterrot angelaufen, fühlte ich mich trotzdem wie Pipi Langstrumpf mit dem fliegenden Auto auf der Walz.
Mein Rad, sowie auch der Anhänger lagen trotz Maximal-Gewichtauslastung (70+10+40=120 kg) gut auf der Straße. Kein Rumgewackel, kein Ausbrechen meines „Inselhüpfer`s“ in den Kurven. Ich fuhr durchschnittlich 12 km/h, wollte ich doch auch etwas von meiner Umgebung mitbekommen.
Begegnungen
Sie konnten unterschiedlicher nicht sein.
Ein Pärchen – Die Frau grinste mich schon von Weitem an, machte ihren Partner begeistert auf mich und meinen Anhänger aufmerksam, der nur naserümpfend über meine Marke Eigenbau hinweg zu sehen schien. – „Tja „Herr Betuchter“, nicht jeder kann sich mal eben Fahrradanhänger im mehreren 1.000,- € Bereich leisten. Mögest du mal in meinen Schuhen einige Meilen laufen.“
Das so oft betonte Förderprogramm, dass man finanzielle Unterstützung (eine Art Prämie, weil man einen klimafreundlichen Weg einschlägt) bekäme, halte ich für einen eher schlechten Witz, doch lies dir selbst mal die Richtlinien des Bundesamtes durch. Engagierte und naturschützende Privatpersonen, die selbst ihre Anhänger bauen, werden vergessen.
Mehrere begrüßungsunwillige Radfahrer auf dem Inn-Radweg – „Gibt es das nicht mehr, dass man einander grüßt? Echt traurig, wie sich unser Zusammenleben entwickelt.“
Eine hilfsbereite und ortskundige Wanderin – „Danke dir für deinen Info! Auch, wenn ich Schilderwälder nicht unbedingt mag, könnten sich die Planer doch auch einmal selbst auf den Sattel setzen und unbekannte Wege fahren, so dass zu mindestens an Kreuzungen Wegweiser zu sehen sind.„
Ein Radfahrer – „Vielen Dank für Ihren Rat. Er hat mir sicherlich einiges an Höhenmetern, Verzweiflung und Muskelkater erspart.„
Ein Sportwagen voller gackernder, fies lachender Instagram-Mädels – „Ihr tut mir so leid, wenn ihr mal ohne Schminke, neueste Mode, edelstem Gefährt und Internet einfach nur ihr seid und allein im Leben klarkommen müsstet. Hässlicher geht es kaum noch.“ Dass ich mich immer noch über solche Menschen ärgere ist meine Baustelle, denn andrerseits mag ich ja gar nicht mit der Oberflächlichkeit anderer überhaupt etwas zu tun haben, weil sie mir egal sind. „Denke ich, laaach.“ Vielleicht bin ich ja auch nur gerade in dem Augenblick um die Ecke gefahren und sie lachten über einen Witz, der erzählt wurde und es hatte absolut nichts mit mir zu tun. Mein Ego war auf jeden Fall niedergeschlagen, münzte ich die Situation doch auf mich.
Ein Medizinmann – „Danke dir für deine aufmerksamen Worte. Du hast es begriffen. Ja, es geht im Leben nur darum, das zu tun, was uns das Herz sagt. Deine Begleitung hat mir gut getan.„
Ein Pärchen – Wie schon zu Beginn waren auch diese beiden Spaziergänger in ihrem Denken sehr unterschiedlich. Die Frau musterte mich und meinen Anhänger von oben herab, wobei der Mann interessiert war und mir Hilfe anbot, was ihr gar nicht gefiel. – „Auch Ihnen „Frau Nasehoch“, möchte ich sagen, dass nicht Geld, Aussehen und Prestige den Charakter eines Menschen verschönert. Achten Sie bitte mehr auf die Art Ihres Mannes. Vielleicht erkennen Sie dann einmal den Mehrwert des Lebens. Danke trotz ihrer belehrenden Art für Ihren Rat.„
Ein älterer Radfahrer – „Vielen herzlichen Dank, dass Sie mir an dieser matschigen Stelle, wo der Baum auf dem huckeligen, unebenen Waldweg nahe dem Innstausee zwischen Attel und Wasserburg lag, geholfen haben, mein Rad, meinen Anhänger darunter auf die anderen Seite zu ziehen. Ohne Sie hätte ich wohl ungewollt ein Schlammbad genommen.„
Der Vater mit seinen Kindern – Toll, wenn Eltern das schöne Wetter nutzen mit ihren Kindern durch die Natur zu streifen. „Sie waren sehr interessiert und ich bin mir sicher, dass auch Sie eines Tages vielleicht mit ihren Kindern nicht nur spazieren gehen, sondern mit selbstgebauten kleinen Eigenheimen mit zwei Rädern auf Abenteuerreise gehen.„
Die beiden Mädels – „Ihr ward so begeistert von meinem Vorhaben und engagiert, mir zu helfen einen Platz für die Nacht zu finden. Das war so lieb, vielen Dank für den Tipp mit der alten Essigfabrik. Vielleicht werdet auch ihr eines Tages beginnen solche fahrbaren Tiny-Houses zu bauen und damit die Welt bereisen. Oder auch nicht und ihr werdet klassische Backpacker. Eure Herzlichkeit und Offenheit wird euch auf jeden Fall viele Türen öffnen, da bin ich mir sicher! Bitte bleibt so!„
Die Künstlerin – In der alten Essigfabrik in Wasserburg angekommen, nachdem ich auch von einem älteren Eigenheim-Besitzer diesen Hinweis bekam und erfuhr, dass der hiesige Pfarrer (Pastor) gar nicht in der Stadt wohne, dass ich dort einen Platz zur Übernachtung im Garten seines Hauses hätte erbitten können (was ja mein eigentliches Vorhaben war, in jeder christlichen Stätte nachzufragen), traf ich glücklicherweise und recht erschöpft an dem, mir bis dato noch unbekannten, Tagesziel an. Die Künstlerin vom Arbeitskreis 68 hatte in dem Hauptgebäude gerade eine Besichtigungstour, in die ich hineinplatzte um nach einem Obdach für die Nacht zu bitten. Sie sagte zu meiner großen Überraschung spontan zu, in einem offenen, für jeden Menschen zugänglichen Nebengebäude ein Dach über dem Kopf zu bekommen, drohte doch, laut Wetterbericht ein weiteres Unwetter. Ich war in dem Moment so glücklich und dankbar, machte sich meine Erschöpfung doch schon sehr bemerkbar. „Vielen herzlichen Dank, gute Frau, möge dir in deinem Leben immer alles Gute so unkompliziert zufallen, wie du in dem Moment reagiert hast.„
Meine erste Nacht
Ganz hinten, der letzte Raum, erschien mir am sichersten meinen Schlafplatz aufzubauen. – Gedacht, getan.
Erst einmal den Boden von den Scherben befreien, die irgendwelche vorherigen Mitmenschen dort haben liegen lassen.
Dann wohnlich einrichten. Anhänger aufklappen, mit den Alustangen stabilisieren, Überwurf fixieren, Luftmatratze, Schlafsack, Kissen und Kleidung rein. Fertig.
Nachtlager in der Essigfabrik
Zwar hatte ich keinen Appetit und Durst, wollte am liebsten nur noch schlafen, doch ging ich schlapp, wie ich mittlerweile war, noch runter in die Stadt um in einem Supermarkt das Nötigste zu besorgen, war doch am nächsten Tag Sonntag.
Auch sah ich mir die beginnende Strecke mit der Anhöhe an, die ich am nächsten Tag zu bewältigen hatte und bekam schon beim Anblick Zweifel das überhaupt schaffen zu können. „Ob das funktioniert?„
Wieder angekommen, zog ich, nachdem ich mich frisch gemacht hatte, erst einmal meine Wohlfühl-Klamotten an und machte, nach meiner kulinarischen Stärkung, eine kleine Besichtigungstour um die Fabrik. „Schade, dass schon wieder so ein historisches Gebäude achtlos verfällt und niedergerissen wird, um neue Gebäude darauf zu stellen, die nicht viel zu erzählen und noch keinen Charakter mit geschichtlichem Hintergrund, dass es zu erhalten und bewahren gilt, entwickelt haben.“
Hier hätte ein beispielhaftes Kunst- und Kulturzentrum entstehen können, das wohl über die Grenzen Wasserburg´s hinaus bekannt geworden wäre. Und zwar mit der Besonderheit, dass Reisende jeder Art eine schützende Möglichkeit bekämen zu übernachten, für eine kleine Unterstützung, sei es Fenster putzen, kleine Hilfen bei den Projekten oder Reparaturen. Es muss sich nicht ständig um Geld drehen! – Ein Miteinander Leben ist und bleibt wertvoller, als sich vereinzelt monetär zu bereichern.
Wahnsinn, wieviel Künstler sich an diesem Lost Place hier für eine absehbare Zeit verewigt haben. Ein tolles Kunstprojekt, welches im Sommerferienprogramm der Stadt Wasserburg startete, woran sich, laut der Süddeutschen Zeitung, dann, im Anschluss, die AK 68 mit beteiligte. So manche Streetart & Graffitis sind wirklich sehr gut gelungen, wie du siehst.
Erst kürzlich erfuhr ich etwas über Moos-Graffiti. Was ich hier leider nicht fand. Wieviel schöner würden all die Grafiken wohl noch aussehen, wenn sie auf den Schatten-Seiten der Gebäude aus den verschiedensten Moosarten mit ihren Grün-Facetten entstanden wären? Sicher, am Rande des Waldstücks wäre es weniger aufgefallen, dass Moos die Luft vom Kohlendioxid befreit und für ein besseres Klima sorgen kann, doch in Innenstädten wäre es doch eine wunderschön anzusehende und effektive Lösung, oder?
Doch dazu mehr in meinem Beitrag „Hol dir den Wald in die Stadt“.
Open Air-Galerie der AK68 an den ehemaligen Essigfabrik-Gebäuden in Wasserburg
Ein paar Jugendliche kamen, um im Innenhof zu chillen, sahen mich zwar, waren wohl irritiert, doch ließen sie mich in Ruhe. „Danke euch dafür!„
Da der Reißverschluss meines Innenzeltes kaputt ging, versuchte ich nur mit dem geschlossenen Außenzelt zu schlafen, doch das war so dicht, dass ich kaum Luft bekam. Die Luftlöcher an der Plane sind definitiv zu wenig.
So schlief ich bei offener Tür – Mit Bedenken, dass umherstreifende Katzen, oder gar Ratten vom nahe gelegenen Inn, mir in der Nacht einen Besuch abstatten, fiel ich dementsprechend zu Beginn in einen recht unruhigen Schlaf. In der Nacht kamen weitere Jugendliche, doch nicht in meinen Bereich. „Puuuh, mein Glück!„
Der Tag danach
Aufgewacht bin ich vom Regen noch vor dem Hahnenschrei, doch die Frühe ist nichts Unbekanntes für mich.
Es war so ruhig, so friedlich. Ich war stolz hier zu sein und fühlte mich doch einsam, was in dem Moment sehr intensiv war. „Da bin ich jetzt, super, und nun? Was mach ich hier? Ist das der richtige Weg?“ Das Wetter trübte stark meine Stimmung. Nass, kalt, kein Kaffee – Das ist einfach nur doof.
„Gehe ich wieder in meine Koje, schlafe weiter und wache irgendwann bei wärmenden Sonnenschein wieder auf? Um dann was zu erleben? Mit all den Menschen konfrontiert zu werden, die dort spazieren gehen und fröhlich miteinander sind, mich argwöhnisch betrachten, was ich da allein mit meinem eigenartigen Gefährt anstelle? Oh je, was für ein herunterziehender Trip.„
Mit etwas Mühe raffte ich mich auf: „Niemand behauptet, dass mein Vorhaben einfach ist.„, baute mein Nachtlager zusammen und begab mich mit über Nacht klamm gewordener Kleidung zu meiner Morgentoilette, die zum Glück im nahegelegenen Parkhaus Überfuhrstraße geöffnet war. „Obdachlose, die täglich auf ihre Hygiene achten wollen und sicher ebenfalls froh sind, wenn sie Orte, wie diesen finden, sich notdürftig frisch machen zu können, verstehe ich jetzt weitaus besser.“
Schon jetzt, ab diesem Moment, hat meine Reise an Mehrwert gewonnen, den ich niemals mehr verlieren kann!
„Das, mit etlichen extremen Herausforderungen, erfüllte Leben, was die Ärmsten der Armen unter uns aus ihrer Not heraus tagtäglich meistern müssen. – Sie wissen scheinbar gar nicht, was sie da immenses leisten und wie stark sie sind, sich den Urteilen anderer auszusetzen. Da ist es doch kaum eine Überraschung, dass einige darunter, sich diese Gesellschaft (Ausnahmen gibt es natürlich auch hier vereinzelt) mit Drogen und Alkohol ausblenden zu wollen und dann leider wegen dem hohen Suchtfaktor zu müssen.„
Anschließend zog es mich in das Café Miedl, wo ich frühstückte, mich aufwärmte und neue Kraft gewann. Mal von dem unbehaglichen Gefühl abgesehen, dass wieder einer mehr in der momentanen Pandemie-Situation verpflichtet wird meine Kontaktdaten aufzunehmen. Doch davon wollte ich mich jetzt wirklich nicht auch noch runterziehen lassen und staunte, wieviel Menschen sonntags beim Bäcker so früh ihre Brötchen und Kuchenteilchen kauften. „Was sehen mich die meisten so an? Ich bin frisch gewaschen, gekämmt und habe meine Radlersachen an. Darf ich hier nicht sitzen?„
Gut gerüstet mit heißem Kaffee in meinem Thermobecher und etwas mehr Freude bald weiter zu fahren, ging ich zur Essigfabrik zurück, wartete dort recht genervt darauf, dass endlich der Regen nachließ, um starten zu können, und beobachtete die Frühaufsteher, Jogger und Gassi-Geher.
Plötzlich überkam mich ein Unwohlsein, nachdem ich mich entschloss das Wetter, wie es war, zu akzeptieren, meine Regen-Kleidung an hatte und mein Fahrrad nahm, es mit Anhänger durch die Stadt zu schieben, bevor die Menschenmenge sich dort tummelt, Halt am Trinkwasserbrunnen (Refill-Station) nahe der Kirche St. Jakob in der Schusterstraße zu machen, um meine Wasserflaschen für unterwegs kostenlos aufzufüllen.
Meine Beine waren plötzlich wie Gummi, der Boden unter mir schwankte, ich stolperte und sah Sterne vor meinen Augen flimmern. „Oh weh, und ich will den Anhang hinauf um aus Wasserburg zu kommen? Wie soll ich das denn schaffen?„, Mein Herz pochte bis zum Hals, ich bekam Schnappatmung und war dem Heulen nah. Mir wurde schlecht, hinlegen: „Ja, wo denn? In den Dreck?„
Ich war enttäuscht, mehr von mir selbst, als von dem ganzen miserablen Anfang. „Noch nicht einmal das schaffe ich!„
„Wer soll mir denn jetzt helfen? Sonntag! Mitten in der Frühe! Wen kann ich denn jetzt bitten, mich und mein Vehikel zurück nach Hause zu transportieren?“ Einen Bahnhof gibt es hier nicht und da wäre ich auch dumm herum gestanden, denn einen Fahrradanhänger hätte ich nicht mitnehmen dürfen, weil er zu breit ist (hier muss ich mir etwas einfallen lassen, dass mein Anhänger, wie ein Reisekoffer um die 70x50x30 cm ausschaut oder wie ein Kinderwagen zusammenklappbar ist), geschweige denn, es wäre überhaupt Platz gewesen für mein Fahrrad, weil er ja nur extrem begrenzt mit vorheriger Stellplatz-Reservierungspflicht, in den Zügen vorhanden ist.
Da ich zu dieser Zeit nicht die Service-Nummer 030 2970 der Deutschen Bahn dabei hatte, konnte ich nicht nachfragen, wie weit die Kulanzgrenze im Notfall sei, telefonierte ich herum. Die wenigen meiner Bekannten, die ich erreichte, waren zwar alle bereit, doch wussten sie selbst nicht, wie, auf die Schnelle.
Ich lief mit wackeligen Beinen herum, immer noch recht geschwächt und aufgewühlt, riss mich zusammen, zwang mich wieder einmal eine freundliche Fassade aufzusetzen und fragte einen älteren Herrn, der gerade mit seinem Hund die Runde drehte. Er empfahl mir ein Taxi-Unternehmen, die auch größere Transportwagen hätten. „Vielen herzlichen Dank für diesen Tipp!„
Ich rief beim hiesigen Taxiunternehmen Haindl an, wartete einige Zeit und mit vereinten Kräften, bekamen wir Fahrrad und Anhänger in den Wagen. „Puuuh, was für ein bescheidener Tagesbeginn mit doch soviel Glück diesen gut beendet zu haben.„
„Herr Taxifahrer, vielen Dank für ihre unproblematische Herangehensweise und die unterhaltsame Fahrt!„
Erkenntnis
Egal, wie sehr du an deinem Wunsch hängst, alles dir mögliche bewerkstelligst ihn zu realisieren, egal, wie lange es dauert und wieviel Rückschläge du hast, vergiss niemals auf die Zeichen deines Körpers zu achten.
Und Wetterberichte genauer ansehen kann auch nicht schaden, denn der August 2021 ging mit einer Durchschnittstemperatur von 16,4 Grad, mit nur fünf sonnigen Tagen, als der kühlste in die Wettergeschichte ein. So hatte ich mal wieder Glück im Unglück, grins.
Ein großer Wille ist gut, auch der Glaube an dich und deine Fähigkeiten helfen dir im Leben weiter, doch mit dem Kopf durch die Wand wollen, trotz genügender Ratschläge im Vorfeld, dass es weh tut, wenn du davor rennst, wird dir nichts nützen, denn du wirst solange immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, bis du begreifst, dass Wille allein nicht genügt.
Ich habe mich dermaßen selbst überschätzt, dass es mir gar nicht mal so weh tut, gescheitert zu sein (ja, ein bisschen schon), sondern eher froh bin, erkannt zu haben, wo meine Grenzen sind, die ich oft nicht wahrhaben will, und dankbar bin, dass mir mein Körper früh genug gezeigt hat, was in dem Moment geht und was nicht.
Natürlich bekomme ich jetzt ab und an immer wieder mal Sprüche zu hören, die mir nicht gefallen, wenn einige meiner Aussagen und Erklärungen scheinbar dem widersprechen, was ich vor hatte, doch da muss ich durch. Sowieso muss ich mir, was das angeht, wie andere denken, agieren, sich mir gegenüber verhalten oder gar nicht wissen, was sie da tun, ein dickeres Fell anschaffen.
Nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, jeden Blick in meine Richtung, fehlende Empathie oder unterlassene Höflichkeit als Abwertung meiner Selbst bewerten, denn ich lebe ja nicht mein Leben um anderen zu gefallen. „Oder so ähnlich – AUM„
Außerdem gibt es ja immer wieder Lichtblicke im trüben Alltagsgrau, wie du hier gelesen hast, die ich sehr wohl dankbar zu schätzen weiß.
„So richte ich meine Krone, klebe abgefallene Zacken wieder an, erhole mich, lerne zu planen und diszipliniert und kontrolliert meine Kraft zu steigern, fahre kleinere Tagestouren und dann, wenn alles fest steht, das Wetter weitgehendst stimmt, ist es eines Tages soweit, dass ich die vorgestellte ca. 1.200 km-Tour durch Deutschland fahren werde.„